URSULA DAMM
Schnittstellen künstlerischer Praxis
Zu Beginn meiner Laufbahn war eine künstlerische Praxis noch von einem, wenn auch leisen, Pathos des Künstlers als genialem Anarchisten und Einzeltäter getragen. Durch das Aufkommen der Digitalisierung in den 80er Jahren eröffneten sich mir, begleitet von völlig neuen Praktiken und Werkzeugen, neue Spielweisen des Subjektiven. Anhand der Entwicklung meiner künstlerischen Praxis stelle ich Etappen der sich verändernden Methoden vor. Dabei komme ich auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu sprechen, welche zeitgemäße Produktionsprozesse nur unter widrigen Umständen ermöglichen. Es erscheint mir wichtig, dass wir Künstler*innen lernen, das Wort zu ergreifen, um darzustellen, wie sich Ansätze für eine Theoriebildung aus einem "Nach-Denken" über künstlerische Praxis ergeben. Für eine solche die Praxis thematisierende Theorie brauchen wir heute künstlerische Forschung. Und wir brauchen, ausgehend vom Handeln der Künstler*innen, eine Selbstorganisation der Institutionen und Forschungseinrichtungen, um dem immer noch feudal strukturierten Kunstmarkt etwas entgegenzusetzen. Damit Kunst jedoch eine tragfähige Größe in unserer Gesellschaft sein kann, darf sie nicht in einer von anderen Wissensformen getrennten Nische bleiben, sondern muss Schnittstellen zu anderen Instanzen bilden. Nur so kann ein Zusammenwirken von Kunst, Gesellschaft und Wissenschaft ermöglicht werden – und nur so kann Kunst auch als eine vielen anderen Praktiken inhärente ästhetische Erscheinungsform verstanden werden.