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STEFAN OEHM

Kunst und die Idealisierung der Reziprozität der Perspektiven

Unterhalten wir uns über Kunst, nehmen wir es als fraglos gegeben an, dass alle mit diesem Begriff mehr oder weniger das meinen, was wir mit ihm meinen. Ein fataler Irrtum, der auf der pragmatisch motivierten Idealisierung der Reziprozität der Perspektiven beruht: Ist diese Idealisierung einerseits für unsere reibungslose Alltagskommunikation unerlässlich, verschleiert sie andererseits den Umstand, dass jedem Verstehen stets ein Nicht-Verstehen inhärent ist. Dieser sprachkritische Aufsatz beleuchtet nun, wie ein intersubjektives Verständnis und damit auch ein Fremdverstehen erreicht werden kann. Was in unserem konkreten Fall bedeutet: Wie sichergestellt werden kann, dass alle, die sich zu einem gegebenen Zeitpunkt x über Kunst unterhalten, nicht nur meinen, sich über das Gleiche zu unterhalten, sondern auch größtmögliche Gewissheit haben, dies in der Tat auch zu tun. Dazu wollen wir einen Blick auf das Werk des österreichischen Soziologen Alfred Schütz werfen, der sich in extenso mit dem lebenspraktisch so sinn- wie gefahrvollen Mechanismus der Idealisierung auseinandergesetzt hat. Die wegweisenden sprachphilosophischen Überlegungen Wilhelm von Humboldts werden uns das erforderliche Rüstzeug zum tieferen Verständnis ebenso liefern wie die Erkenntnisse des Anthropologen Michael Tomasello. So sollten wir in der Lage sein zu verstehen, dass das jedem Verstehen inhärente Nicht-Verstehen kein Defizit, sondern vielmehr Bedingung der Möglichkeit jedes intellektuellen Fortschritts ist: Ohne diesen Hiatus gäbe es keine Notwendigkeit, sich kommunikativ mit Anderen auseinanderzusetzen.


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Infos zum Beitrag:

  • Publikationsdatum
    08/2023
  • Bereich
    Kunsttheorie

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