ELMIR CAMIĆ
Zur Erforschung politischer Mythen.
Eine kritische Auseinandersetzung
Als einen "Versuch, den Pudding an die Wand zu nageln", hat Max Kaase die Bemühungen bezeichnet, den Begriff der politischen Kultur wissenschaftlich zu erfassen. Die gleiche Metapher könnte man auch für vergleichbare Bestrebungen hinsichtlich der Bildung einer einheitlichen Theorie des politischen Mythos verwenden. Dies liegt vor allem an der faktisch gegebenen Bedeutungsvielfalt des allgemeinen Mythosbegriffs, welche auch in seinem politischen Bezug festgestellt werden kann. Die Folge ist ein begriffliches Chaos, das die Etablierung der Erforschung politischer Mythen als einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin verhindert.
Einen innovativen Ansatz zur Lösung dieses Grundproblems bietet Peter Tepe mit seinem integralen Mythoskonzept, der explizit mit einer Vieldeutigkeit des Mythosbegriffs rechnet und für eine konsequente Reorganisation der Erforschung politischer Mythen nach diesem Prinzip plädiert. Der vorliegende Aufsatz soll einerseits diese Theorie vorstellen und ihre praktische Tauglichkeit überprüfen, auf der anderen Seite aber auch versuchen, einen Beitrag zu ihrem langfristigen Ziel zu leisten: einer integralen Theorie politischer Mythen auf der Grundlage eines kritischen Forschungsberichts.
Dabei wird zunächst das integrale Konzept in seinen Grundzügen skizziert und eine konkrete Einordnung der Abhandlung in diese Hintergrundtheorie vorgenommen. Danach werden unterschiedliche Auffassungen des Mythosbegriffs mit einem politischen Bezug inhaltlich vorgestellt und kategorisiert. Abschließend werden die methodischen und inhaltlichen Konsequenzen für das integrale Konzept sowie entsprechende Perspektiven dieses Ansatzes aufgezeigt.