HELMUT STUBBE DA LUZ
Giganten-Kult als Hypothek? Der Schmidt-Sturmflut-Mythos und die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung
Nach der Sturmflut an der deutschen Nordseeküste von 1962 sind von dem damaligen Hamburger Polizeisenator Helmut Schmidt sowie von zahlreichen Journalisten und Filmemachern über Jahrzehnte hinweg allerlei Legenden über Schmidts Rolle in den Katastrophentagen ersonnen, verbreitet und zu einem umfassenden Schmidt-Sturmflut-Mythos kombiniert worden. Schmidt hat dadurch den Nimbus eines Führers, Rebellen und Retters erworben, er ist zu einem politischen Helden überhöht worden. Sturmflut-Mythos und -Nimbus werden spätestens seit den 1970er Jahren mit Hilfe kultischer Arrangements gepflegt und bilden heute einen Kernbestandteil des Schmidt-Kults insgesamt. Schmidts Nimbus als entschlossen zupackender Krisenmanager, ganz allgemein als effektiver, unbürokratischer "Macher", ist jüngst in namhaften Medien beschworen worden – aus Unzufriedenheit mit der bundesdeutschen Corona-Politik. Ausdrücklich wurden dabei Schmidt-Sturmflut-Legenden ins Feld geführt. Die 2017 gegründete Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, eine Politiker-Stiftung des Bundes, sieht sich vor die Frage gestellt, wie sie mit dem Schmidt-Sturmflut-Mythos umgehen solle: Handelt es sich um ein willkommenes, weiterhin zu kultivierendes Erbe oder eher um eine Art Altlast?