GAVIN ARMOUR
Pasolinis Salò – Die 120 Tage von Sodom: Faschismusanalyse und Abkehr von der Marxistischen Utopie
Pier Paolo Pasolini wurde Zeit seines (öffentlichen) Lebens angefeindet. Sowohl seine Werke, ob als Dichter oder Filmemacher, als auch seine Person – ein homosexueller Kommunist im katholischen Italien – standen immer wieder im Mittelpunkt heftiger Kontroversen.
So auch sein letzter Film Salò – Die 120 Tage von Sodom, dessen Uraufführung er nicht mehr erleben durfte. In seinem vielleicht radikalsten Werk analysierte er die Strukturen und Mechanismen, derer sich die Faschisten bedienten, um ihre Macht zu erlangen, sie zu konsolidieren und auszuüben. Dabei scheut er sich jedoch nicht, darzustellen, wie diese Macht auch auf jene verführerisch wirkt, die ihr scheinbar unterworfen sind. Und er geht sogar so weit, den Zuschauer selbst als Betrachter, also Konsumenten schrecklichster Bilder in den Blick zu nehmen, den Fokus auf ihn zu richten. Es entstand ein in seiner formalen wie inhaltlichen Strenge schier unerträglicher Film, der aber unbestechlich bleibt und gerade damit den Zuschauer fordert, ekelt und irritiert.
Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, Pasolinis Film als Faschismusanalyse zu untersuchen, ihn in Pasolinis Gesamtwerk einzugliedern, dabei auch darzustellen, wie er mit dessen politischen und künstlerischen Ansichten bricht und nicht zuletzt, den Bezug zu DeSades Text herzustellen. Es sollte aufgezeigt werden, wie beides – der Text aus dem späten 18. Jahrhundert und der Film aus dem späten 20. Jahrhundert – jeweils ihren Teil zu aufklärerischem und aufgeklärtem Denken beitragen.