ROBERT FREY
Gottfried Benns Engagement für den Nationalsozialismus am Beispiel der Essays
Gottfried Benns Engagement für den Nationalsozialismus 1933/34 erfolgte nicht nur aus politischem Opportunismus, sondern wurde in der Entwicklung seiner Weltanschauung bereits in den Zwanziger Jahren vorbereitet und in den Essays ideologisch begründet.
Zentrale Themen seiner Texte aus diesem Zeitraum sind die Regression in mythische und elementare Strukturen, Irrationalismus, Gewaltverherrlichung sowie Fortschrittsfeindlichkeit und die Tendenz, Politik zu ästhetisieren. Insofern kann man von einer ideologischen Prädisposition Benns für den Faschismus sprechen, die sich auch in der Ausprägung seiner Kunstprogrammatik zeigt. Andererseits musste Benn seine Auffassung von der sozialen Stellung und Funktion des Künstlers bzw. Dichters modifizieren, um sein öffentliches Eintreten für die Kulturpolitik der Nazis zu rechtfertigen: von der asozialen Randstellung des ästhetisch schöpferischen Individuums zu einer Verbindung des Künstlers mit Macht und Politik. Sein Versuch, als Vorsitzender der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste politisch Einfluss zu nehmen, erklärt sich auch aus dem Wunsch, den Expressionismus vor der NS-Kulturpolitik zu schützen.
Am Beispiel von Benns Essayistik lässt sich der Zusammenhang von Ideologie, Kunstprogrammatik und politischem Verhalten umfassend herausarbeiten.