TORSTEN SCHLEMMER
"Das Kleid des Arbeiters". Der Stellenwert der Technik im Weltbild Ernst Jüngers
Ernst Jünger hat die rasante Entwicklung der Technik thematisiert wie kaum ein anderer Schriftsteller seiner Zeit. Bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg betrachtet Jünger den Siegeszug der Technik und und ihre Auswirkungen auf den Menschen als Symptom einer nahenden Zeitenwende. Diese Auffassung wird der Autor mehrfach modifizieren, in verschiedenen, der geschichtlichen Entwicklung angepassten Kontexten beleuchten, und mit einem quasi-religiösen Korrektiv versehen. Das grundsätzliche Strukturmodell – die Technik als treibende Kraft eines metaphysischen Vorgangs, der die Welt zu verändern sucht und einen neuen Menschentypus erfordert, bzw. erzeugt – bleibt jedoch unverändert bis ins Spätwerk erhalten. Insofern muss die Technik als integraler Bestandteil des Jüngerschen Weltbildes betrachtet werden, der eine unverbrüchliche Einheit mit den geschichtsphilosophischen und politischen Überzeugungen des Autors bildet. Ausgehend von dieser Grundannahme soll aufgezeigt werden, dass Ernst Jünger auch nach seiner ausdrücklichen Distanzierung von der NS-Ideologie nachweislich gegenaufklärerische, auf die Wiederherstellung einer totalitären Staatsform gerichtete Absichten verfolgt hat, und dass seine angebliche spätere Wandlung zu einem unpolitischen, theologisch-esoterischen "Deuter der Moderne" auf Missverständnissen bezüglich dieser Absichten beruht.