TANJA EISENTRAUT
Einfluss des Buddhismus auf Hermann Hesses Siddhartha – Versuch einer Basisinterpretation
Siddhartha gehört sicherlich zu den meistgelesenen Büchern Hesses. Bereits in der Zeit seiner Ersterscheinung übte die fernöstliche Thematik eine besondere Faszination aus, fiel sie doch in eine Ära, in der die Werte des Okzidents überkommen schienen und auf den Prüfstand genommen wurden. Der Erste Weltkrieg stellte für die Menschen eine starke Verunsicherung dar, und die Antworten auf Lebensfragen konnten nicht mehr im eigenen Kulturkreis gefunden werden. Die intensive Suche nach neuen Orientierungsmaßstäben fand daher vielfach ihren Ausdruck in der Rezeption fernöstlicher Religion und Philosophie. So erschloss sich dem Europäer eine neue Welt in Übersetzungen traditioneller asiatischer Werke, Ausformungen alternativer Lebensmodelle (Steiner) sowie nicht zuletzt in der Form literarischer Verarbeitung.
In der Phase der Studentenbewegung wurde das Buch Siddhartha zu einem Wegweiser in eine neue Zukunft, vermittelte es doch den Rezipienten die Hoffnung auf eine bessere Zeit, die Überwindung weltlicher Dinge, die gerade von der 68er Generation als einengend und überkommen empfunden wurden. So existieren neben zahlreichen seriösen Analysen auch solche, die Siddhartha primär als Symbol einer Aufbruchbewegung instrumentalisieren. Im Vordergrund steht folglich weniger eine Interpretation im eigentlichen Sinne, als vielmehr die Erschließung des Werkes für die Lebenspraxis.