SUSANNE KURTH
Äußerungsformen des Feindbildes "Kapitalismus" in der Kinder- und Jugendliteratur der DDR. Im Kontext des Literaturbetriebs exemplarisch dargestellt an Brigitte Birnbaums Reise in den August von 1967
Jede Gruppe und jedes Individuum kann sowohl Träger eines Feindbildes sein, als auch zum Objekt eines solchen werden. [Vgl. Tepe, Peter: Grundsätzliches über Feindbilder. In: Aufklärung und Kritik 2/2002, S. 51.] Besonders interessant ist es, wenn der Träger eines Feindbildes dieses nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Rahmen kommuniziert – das ist beispielsweise dann gegeben, wenn dieses Individuum die Tätigkeit des Schriftstellers ausübt.
Ein Feindbild entsteht häufig im Kontext realer politischer Gegnerschaften. Eine eben solche Gegnerschaft bestand zum Zeitpunkt des Mauerbaus 1961 zwischen der sozialistischen DDR und der demokratischen BRD. Nicht nur die staatlichen Militärs, auch zwei unterschiedliche Überzeugungssysteme konkurrierten nun, verdeutlicht durch die offensichtliche Abgrenzung des Staatsgebiets, an einem konkreten Ort miteinander: der Berliner Mauer. Zumindest im ausgewählten Jugendbuch Reise in den August von Brigitte Birnbaum ist dies der Ort der Handlung, an dem sich die politische und weltanschauliche Konkurrenz zwischen Kommunismus und Kapitalismus manifestiert.
Dass sich dieses, sich im literarischen Werk widerspiegelnde Feindbild "Kapitalismus", dessen Trägerin und Publizistin die ostdeutsche Autorin ist, anhand des politischen und literaturgeschichtlichen Kontextes herleiten lässt, wird im Folgenden dargelegt. Umfassende Einblicke in den Literaturbetrieb der DDR, sowie eine Analyse der besonderen Stellung der Kinder- und Jugendliteratur innerhalb dieses Systems sind dafür unumgänglich. Hier gilt es anhand des ausgewählten Literaturbeispiels explizit aufzuzeigen, in welcher Form dieses Feindbild der speziellen Zielgruppe jugendlicher Leser in der DDR vermittelt wurde.