MARKUS KRAIGER
Schuld und Schicksal in Ludwig Tiecks Der blonde Eckbert
Ludwig Tiecks Phantasus, eine große Sammlung von Märchen, Erzählungen, Schauspielen und Novellen, wird zurecht als eine Summa der Frühromantik beschrieben. In den darin enthaltenen Kunst- und Naturmärchen verarbeitet Tieck berühmte Sagenstoffe und entführt den Leser in eine phantastische Welt, in der neben wundersamen Begegnungen auch düstere Ereignisse lauern, die den Verstand zerrütten und sogar das Leben der Protagonisten bedrohen.
Vor allem in dem Kunstmärchen Der blonde Eckbert packt den Leser zuweilen das blanke Entsetzen, denn was anfangs noch als harmlose Erzählung aus dem Mittelalter- und Ritter-Genre anmutet, entpuppt sich im weiteren Handlungsverlauf als veritabler Psychothriller.
Als Bertha, einem inneren Drang folgend, eines Abends dem einzigen Freund Walther die seltsame Geschichte ihrer Kindheit anvertraut, nennt der Gast beiläufig den so lange vergessenen Hundenamen Strohmian und löst damit die Katastrophe aus: Bertha stirbt wenige Tage später an einer Fieberhitze und Eckbert wird zunehmend von Paranoia geplagt bis auch ihn letztlich der Tod ereilt.
Weshalb Bertha und Eckbert derartig bestraft werden und welche Rolle in diesem Zusammenhang die Schuld- und Schicksalsproblematik spielt, soll im folgenden Beitrag mit Hilfe der kognitiven Hermeneutik systematisch analysiert werden.